stille Ruhe
mit Lichtstreif am Horizont
und:
"der Sachse mit dem Gummihandschuh"
Stille Ruhe gibt es nicht. Ruhe ist per se still. Und Stille per se ruhig.
Aber wer diesen Prerower Nordstrand kennt, versteht sicher, was heute hier "stille Ruhe" heißt. Nur ein sanftes Regengetröpfel - abhängig davon, auf welches Resonanzmaterial die Tropfen treffen. Ansonsten - und sogar das zu vernachlässigen, Wellen-chen-ankommen am Strand... quasi keine Menschenseele steht im Bild... einfach STILLE RUHE!
Auch beim "Sachsen mit dem Gummihandschuh" ist Ruhe eingekehrt.
(möge er mir bitte vorerst diese Betitelung verzeihen - ich lernte ihn sehr eindrücklich genau so kennen und irgendwie hat er in mir seine Marke entsprechend platziert...)
Sein Stand ist schon eine kleine, stetig gewachsene Institution auf dem Weg zum Nordstrand über den Bernsteinweg.
Als ich vor knapp zwei Wochen sehr, also wirklich sehr hungrig bei ihm vorbei kam, entdeckte ich seine Sortimentserweiterung.
Begonnen hat wohl einst alles mit einem Imbiss. Fischbrötchen, Getränke, Glühwein, Honig, Obst, Saft&Co. in Flaschen... mit Sicherheit habe ich einiges unterschlagen. Außerdem gehört zum Ensemble eine stetig wachsende Sammlung Holzfiguren, handgeschnitzt - im kleinen "Vorgärtchen" sozusagen.
Neu für mich war aber nun dieser Stehtisch, auf welchem er schöne Strandfunde drapiert hat, um Aufklärungsarbeit zu leisten... ich war baff. Bin es noch immer.
Der Sachse mit dem Gummihandschuh an der rechten Hand steht da und erklärt zwei interessierten Damen das von der Schiffsbohr- muschel gezeichnete Holz. Daneben liegen Bernsteine, Hühnergötter und Donnerkeile. Ah ja! Die Damen sind hellauf begeistert und ich beschliesse, dass heute Tag X ist, an dem ich endlich mal seine Fischbrötchen probiere. Also stelle ich mich zu ihnen und beobachte das Stelldichein als Teil davon. Und ja, ich bestätige der Urlauberin ihren Enthusiasmus über Erklärer und Erklärtem und bin auf meine Weise beeindruckt vom Erlebten.
Also aber ich habe Hunger! Großen Hunger! Eine Tafel lockt: "Ihr bestellt, ich mache!" Also kündige ich meinen Fischbrötchenhunger auf den angepriesenen Räucherlachs an! Natürlich gehe ich vom frischen Räucherlachs eines ortsansässigen Fischers aus! Die Brötchen liegen ja noch nicht fertig zur Ansicht bereit.
Bevor nun aber mein Hunger gestillt werden kann, schenkt der Gummihandschuh noch einem Paar Glühwein ein... und sortiert mit dem Gummihandschuh fröhlich plaudernd das Geld.
Dann schwingt sich der Handschuh samt Besitzer in den Verkaufswagen hinter den Tresen und macht sich bestens gelaunt ans Werk... mein Räucherlachsbrötchen, juhu.
Naja.
Bin in der Zwickmühle. Mein Magen sieht natürlich, was hier abgeht. Er kann eine echte Zicke sein und ich habe noch Fotopläne für diesen Tag. Mit Sonne. Ein Glückstag im zunehmenden Grau.
Also gut! Volle Konzentration auf: "Wer nicht wagt, der nicht gewinnt!" und "Alles wird gut!".
Muss ja.
Der Gummihandschuh drückt meine grünen Gurkenscheiben und den klein geschnittenen Eisbergsalat ebenso liebevoll ins Brötchen, wie er vorher die Strandfunde betüttelt, Glühwein ausgeschenkt und Geld sortiert hat... wird schon! Ich habe Hunger! Es gibt Ortsnah keine Alternative und ich will es jetzt auch wissen! Für den Lachs verschwindet er hinter einer Wand. Ich höre Schneiden auf Holzbrett. Zurück kommt Lachs aus der Supermarktpackung in meinem Brötchen. Na gut. Nicht wirklich überraschend. Mein Fehler!
Ich zahle - der nun fettige Gummihandschuh nimmt das Geld und wünscht mir in schönstem Sächsisch Guten Appetit.
Puhhh... da stehe ich nun mit meinem Fischbrötchen in der einen, das Fahrrad in der anderen Hand und im Schatten.
Ich suche mir einen Sonnenplatz. Sonne muss jetzt für's Gemüt schon sein! Will es doch schön haben! So Urlaubsgefühlsmässig.
Und finde diesen Platz gleich in der Nähe.
Sehr allein, wunderbar! Also! Experiment Fischbrötchen vom gut gelaunten Sachsen mit Strandfunden und Gummihandschuh kann beginnen! Bin irgendwie beeindruckt, das kann ich nicht leugnen.
Das Brötchen ist gut, Salat und Gurke okay, der Lachs... nun ja... ich schmecke viel. Sehr viel, wahrscheinlich alles, was dieses Holzbrett je sah... der Lachs hatte vielleicht gar keine Chance. Nun denn. Ich habe Hunger und Mut und die Sonne scheint. Rechne mit dem Schlimmsten, habe einen Toilettennotfallplan und ansonsten meine Fotos, die noch unbedingt gemacht sein wollen, im Kopf.
Und Tatsache!: Ich habe alle Wunschmotive eingefangen und nicht ein Magenziehen gespürt. Toll.
Danke du Sachse mit dem Gummihandschuh für diese Erfahrung... irgendwann schreibe ich vielleicht noch einmal über dich mit deinem richtigen Namen!